Es gibt Sufi-Orden, die als sunnitisch oder schiitisch klassifiziert werden können, aber auch solche, die beiden, und andere, die keiner der beiden islamischen Richtungen zuzuordnen sind. Diese stellen einen separaten Bereich des muslimischen Glaubens dar und lehren meist einen „universellen Sufismus“. Die meisten Sufis bewegen sich aber innerhalb des orthodoxen Islams von Sunna und Schia und sind somit entweder Sunniten oder Schiiten, wobei die meisten Tariqas mit dem sunnitischen Islam in Verbindung gebracht werden (z.B. Naqshbandi, Qadiri) und nur wenige mit dem schiitischen.
Der Weg der Sufis folgt vier Stufen, deren Ausprägung auf den indischen Raum verweist; bis heute ist jedoch offen, wie und in welche Richtung diese Beeinflussung historisch verlief:
1. Auslöschen der sinnlichen Wahrnehmung.
2. Aufgabe des Verhaftetseins an individuelle Eigenschaften.
3. Sterben des Ego.
4. Auflösung in das göttliche Prinzip.
Das oberste Ziel der Sufis ist, Gott so nahe zu kommen wie möglich und dabei die eigenen Wünsche zurückzulassen. Dabei wird Gott bzw. die Wahrheit als „der Geliebte“ erfahren. Der Kern des Sufismus ist demnach die innere Beziehung zwischen dem „Liebenden“ (Sufi) und dem „Geliebten“ (Gott). Durch die Liebe wird der Sufi zu Gott geführt, wobei der Suchende danach strebt, die Wahrheit schon in diesem Leben zu erfahren und nicht erst auf das Jenseits zu warten. Dies spiegelt sich klar in dem Prinzip zu sterben, bevor man stirbt wider, das überall im Sufismus verfolgt wird. Hierzu versuchen die Sufis, die Triebe der niederen Seele bzw. des tyrannischen Ego (an-nafs al-ammara) so zu bekämpfen, dass sie in positive Eigenschaften umgeformt werden. Auf diese Weise kann man einzelne Stationen durchlaufen, deren höchste die reine Seele (an-nafs al-safiya) ist. Diese letzte Stufe bleibt jedoch ausschließlich den Propheten und den vollkommensten Heiligen vorbehalten.
Die mystische Gotteserfahrung ist der Zustand des Einsseins (tauhid) mit Gott, die sogenannte „unio mystica“.
Dazu ein Zitat von Abu Nasr as-Sarradsch, einem Zeitgenossen des bekannten islamischen Mystikers Dschunaid:
„Sufismus bedeutet, nichts zu besitzen und von nichts besessen zu werden.“
Oder eine etwas ausführlichere Beschreibung von Abu Sa’id:
„Sufismus ist Ruhm im Elend, Reichtum in der Armut, Herrschaft in Dienstbarkeit, Sättigung im Hunger, Leben im Tode und Süße in der Bitterkeit … Der Sufi ist der, der mit allem zufrieden ist, was Gott tut, so dass Gott mit allem zufrieden ist, was er tut.“
Ein wichtiger Aspekt der sufischen Lehre ist außerdem, dass man die Wahrheit erfährt und nicht nur intellektuell erfasst. Gemäß dem Grundsatz „Den Glauben sieht man in den Taten“ ist es für die Sufis entscheidend, oft eher mit gutem Beispiel in der Welt aufzutreten als über den Glauben zu reden. Darüber hinaus ist „Aufrichtigkeit“ unentbehrlich, und man sollte versuchen, nach außen hin so rein zu werden, wie man es auch nach innen hin anstrebt.
Viele Sufis, so sie nicht Anhänger einer strengen Scharia sind, glauben, dass in allen Religionen eine grundlegende Wahrheit zu finden sei, und dass die großen Religionen von ihrem Wesen/Geist her dasselbe seien. Manche Sufis gehen deswegen sogar so weit, dass sie den Sufismus nicht innerhalb des Islams (also einer Religion) angesiedelt sehen, sondern meinen, dass die Mystik über der Religion stehe, ja diese sogar bedinge.